Theorie gegen Praxis – Der Weg bis ans Steuer

Interview mit Nicolai Gerdts

Nachdem ihr in den vorherigen Beiträgen schon einmal einen kleinen Einblick in den Beruf Berufskraftfahrer bekommen konntet, erfahrt ihr dieses Mal noch genauer, wie die Ausbildung aufgebaut ist und wie man diesen spannenden Beruf erlernt.

Um mehr über die Ausbildung zum Berufskraftfahrer zu lernen, haben wir uns von dem Ausbilder bei Nehlsen genaueres über die Ausbildung berichten lassen. Nicolai Gerdts ist nicht nur der Ausbilder der Berufskraftfahrer Azubis, sondern auch Assistent des Bereichs Logistik.

Wie ist die Ausbildung aufgebaut?

Die Ausbildung ist sehr umfangreich. Oft vergisst man, dass zum Führen eines LKW mehr gehört, als nur das Fahren.

Einmal monatlich gehen die Auszubildenden für eine Woche in die Berufsschule. Dort werden viele theoretische Inhalte bezüglich der Rechte und Pflichten eines Berufskraftfahrers, der Technik eines LKW, der Sicherung von Ladung und andere spannende Themen vermittelt.

Im Betrieb lernt man dann mehr über das tatsächliche Fahren und Führen eines so großen Fahrzeugs. Außerdem werden Berufskraftfahrer für die Nutzung von Zusatzanlagen, wie z.B. Kräne, ausgebildet und begleiten andere Fahrer, um mehr über die Fahrzeuge und den alltäglichen Umgang mit diesen zu lernen.

Und wann dürfen die Auszubildenden selbst hinters Steuer?

Innerhalb des ersten Lehrjahrs findet auch Fahrschulunterricht für die Führerscheinklassen C/CE statt. Genau wie beim Führerschein der Klasse B legt man zum Erhalten dieses Scheins eine theoretische und eine praktische Prüfung ab. Der Fahrschulunterricht findet in den Arbeitszeiten statt und bedeutet somit auch keinen erhöhten Zeitaufwand.

Dadurch, dass die Azubis hier schon im ersten Jahr ihren Führerschein machen, können die folgenden zwei Jahre noch eine Menge an zusätzlicher Fahrpraxis liefern. Diese zusätzliche Fahrpraxis sorgt für eine möglichst große Selbstsicherheit, die ihnen im späteren Alltag als Berufskraftfahrer sehr zugutekommt.

Was wird in der Abschlussprüfung abgefragt?

Die Prüfung besteht aus einem theoretischem und einem praktischen Teil.

Insbesondere die Theorie hat es in sich und ist nicht zu unterschätzen.
Neben einer Prüfung im Fach WiSo, die der von Speditionskaufleuten ziemlich ähnlich ist, gibt es eine zweiteilige Prüfung des Fachs Beförderung. Dabei müssen die Prüflinge unter Beweis stellen, dass sie die theoretischen Grundlagen zum Befördern von Gütern und anderen Fahrzeugen beherrschen und anwenden können.

Zu guter Letzt findet eine 90 minütige Prüfung zur betrieblichen Planung und Logistik statt. Hier sind gute Mathe-Kenntnisse und logisches Denken gefragt. Auch das Wissen der Azubis über diverse Fahrzeuge und die Fähigkeit Routen zu planen werden in diesem Teil der Prüfung bewertet.

Haben die Absolventen die theoretische Prüfung erfolgreich hinter sich gebracht, folgt der praktische Teil.
Hierbei werden die Auszubildenden im Bereich Fahrzeugtechnik auf die Probe gestellt. Dazu gehört unter anderem das Überbrücken eines LKW, der Reifenwechsel und die Fehlersuche an und im Fahrzeug und dessen System. Darauf folgt die Analyse und Bewertung der festgestellten Fehler, um zu bewerten, ob der LKW noch gefahrlos fahrbar ist.

Um die anschließende Abfahrtskontrolle durchzuführen, bekommen die Prüflinge eine Stunde Zeit, in der sie das komplette Fahrzeug einmal genauer unter die Lupe nehmen müssen. Währenddessen erklären sie, was sie prüfen und wie und warum sie das machen.

Hinterher folgt noch eine Aufgabe zur Ladungssicherung. Dabei muss der Auszubildende durch verschiedene Rechnungen bestimmen, wie eine bestimmte Ladung gesichert werden sollte und seine Lösung dann vorstellen und erläutern.

Schlussendlich müssen die Prüflinge auch ihr schauspielerisches Talent zur Show stellen. In einem Rollenspiel werden sie auf den Umgang mit anderen Menschen, wie z.B. einem schwierigen Kunden, oder Polizisten, getestet. Ist auch dieser letzte Teil der Prüfung erfolgreich überstanden, bleibt es nur noch, das Ergebnis der Prüfung abzuwarten.

Dass Berufskraftfahrer eine so komplexe und umfangreiche Prüfung durchlaufen müssen, überrascht bestimmt den einen oder anderen.

Tja – vielleicht hilft das ja, die tägliche Arbeit der Fahrer in Zukunft mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Schließlich sind wir alle jeden Tag direkt, oder auf Umwegen, auf die zuverlässige Arbeit der Berufskraftfahrer in verschiedensten Bereichen angewiesen.

Welche charakterlichen Voraussetzungen sollte man erfüllen?

Die wichtigsten Eigenschaften eines Berufskraftfahrers sind Zuverlässigkeit, Geduld, Flexibilität und “ein dickes Fell”. Außerdem sollte man eine große Verantwortungsbereitschaft und eine gute Teamfähigkeit mitbringen.

Obwohl die Disposition die Touren schon im Voraus plant und optimiert, ist jeder Berufskraftfahrer von der aktuellen Verkehrslage abhängig. Steht man stundenlang im Stau, ist Geduld gefordert. Kommt überraschend ein wichtiger, spontaner Kundenauftrag dazwischen, sollte man flexibel genug sein, um die Tour kurzfristig umzuplanen. Und auch den Ärger anderer Autofahrer, unzufriedener Kunden und verschiedenster Mitmenschen sollte man nicht zu sehr an sich rankommen lassen. Schließlich sind im seltensten Fall die Berufskraftfahrer selbst Schuld an einer verspäteten Lieferung und sie wissen am besten, wieviel sie eigentlich leisten und dass der Ärger der anderen nicht gerechtfertigt ist.

Trotz allem trägt jeder Berufskraftfahrer auch die Verantwortung, das Image des Berufs zu verbessern, zumal das im Endeffekt ihnen selbst am meisten zugutekommen wird.

Gibt es die Möglichkeit, sich nach der bestanden Ausbildung weiterzubilden?

Hier gibt es tatsächliche verschiedene Möglichkeiten. Dazu gehören Weiterbildungen zum Kraftverkehrsmeister, zum Fuhrparkmanager, oder auch Weiterbildungen in Richtung Disposition. Auch Spezialisierungen auf Personen- oder Tiertransporte sind natürlich möglich.

Bei Nehlsen erwerben alle Auszubildenden außerdem automatisch einen Gefahrgutführerschein, der es ihnen erlaubt auch gefährliche Güter aller Art zu transportieren. Diesbezüglich gibt es daher natürlich auch ein paar Fragen in der Prüfung.

Justin hat die Ausbildung ohne Führerschein begonnen. Trotzdem ist er glücklich, sich für diesen Beruf entschieden zu haben und lernt jetzt für beide Führerscheinklassen.
Justin hat die Ausbildung ohne Führerschein begonnen. Trotzdem ist er glücklich, sich für diesen Beruf entschieden zu haben und lernt jetzt für beide Führerscheinklassen.

Gibt es ein Mindestalter, um die Ausbildung zu beginnen?

Nein, prinzipiell kann man auch mit 17 Jahren die Ausbildung beginnen. Das einzig schwierige daran ist, dass man dann möglichst sowohl den Kfz Führerschein, als auch den LKW Führerschein der Klassen C/CE in einem Jahr erwerben sollte. Obwohl das natürlich einen erhöhten Arbeitsaufwand bedeutet, sollte das aber niemanden davon abhalten, seinem Traum nachzugehen.

Fahren die Nehlsen Fahrer im Nah- oder Fernverkehr?

Ziel der Ausbildung ist es, die späteren Berufskraftfahrer auf beides vorzubereiten. Durch den täglichen Einsatz mit den Müllfahrzeugen trainieren die Auszubildenden aber hauptsächlich das Fahren in engen Städten und bei starkem Verkehr. Bietet sich die Gelegenheit, fährt jeder Auszubildende auch mal eine längere Strecke.

Viele Berufskraftfahrer bei Nehlsen empfinden gerade den sehr regelmäßigen, koordinierten Arbeitsablauf, genauso wie die festen Arbeitszeiten und die ständige Nähe zu Zuhause als sehr angenehm.

Wurde auch dein Interesse geweckt?

Auch in diesem Jahr gibt es wieder viele freie Ausbildungsplätze, um diesen spannenden Beruf zu erlernen. Über unser Online Portal kann sich jeder einfach bewerben und mit ein bisschen Glück bald auch jeden Tag die großen Fahrzeuge durch die Straßen steuern.

auch interessant